In dem aus den Beständen des Lübbener Rats stammenden Aktenkonvolut „Acta, das sogenandte wendische Diaconat alhir betr. 1745“ haben sich zwei einzigartige sorbische Briefe aus dem Jahr 1745 erhalten. Es handelt sich um die frühesten bekannten sorbischen Briefe, wobei die hier edierten Schreiben fast 40 Jahre älter sind als die bisher bekannten von Jakub Žur an Franc Jurij Lok aus dem Jahr 1782.1Vgl. hierzu Schuster-Šewc, Sprachdenkmäler, S. 280. 1745 bewarb sich der in Modra (heute Slowakei) geborene Theologe Johannes Jacobaei um das sorbische Diakonat in Lübben.2Zur Vita Jacobaeis vgl. Otto, Lexikon Bd. 2 S. 209. Offenbar suchte er, nachdem er 1744 sein Studium in Wittenberg beendet hatte, nach einer geeigneten Pfarrstelle. Die beiden auf den 6. November 1745 datierten Schreiben dienten dabei nicht eigentlich der Bewerbung, da ihnen bereits ein Briefwechsel zwischen Jacobaei und dem Lübbener Rat vorangegangen war und Jacobaei Anfang November zur Gastpredigt eingeladen worden war.3Vgl. Nr. 36, Kreisarchiv Landkreis Dahme-Spreewald, A-4 Lübben, Nr. 5872 unpag. zu 1745 November 1. Der vonseiten der Stadt mit der Kommunikation mit Jacobaei beauftragte Syndicus Johann Willibald Brescius forderte Jacobaei am 1. November 1745 auf, nachzuweisen, dass er „der wendischen sprache nach dem alhiesigen dialecto“ kundig war.4Kreisarchiv Landkreis Dahme-Spreewald, A-4 Lübben, Nr. 5872 unpag. zu 1745 November 1. Auf Brescius Aufforderung hin übersandte Jacobaei „also […] hiemit denenselben die von mir verlangte wendische antwort“ sowie „eine abschrifft von meinem, den sämtlichen hochwürdigen rathscollegio zu Lübben noch den 23. October zur communication abgeschickten wendischen briefe“ (Nr. 36). Es ist unwahrscheinlich, dass Brescius tatsächlich sorbische Schreiben gefordert hatte, war doch das Sorbische im Schriftwesen der Verwaltung gänzlich unüblich. Auch lohnte sich die Mühe Jacobaeis nicht, der Lübbener Rat teilte ihm am 19. November mit, dass „von kennern solcher sprache der inhalt derselben vor kein hiesiger orten veständlich wendisch aufgenommen werden will und daß sogar zweene(?) bauern aus hiesigem kirchspiel, welche vorgeben, beÿ den hern gewesen zu seÿn und mith ihn gesprochen zu haben, hier öffentlich ausbreiten, daß sie deßen wendische sprache und mundart nicht im wenigsten verstanden hätten“ (Nr. 39). Zwar wurde Jacobaei noch zur Gastpredigt eingeladen, allerdings stimmten nur zwei Ratsherren für ihn, sodass Pfarrer Johann Christian Hempel aus Saßleben den Zuschlag erhielt.5Ebd. zu 1746 Januar 12.